„Die Wege zum Glück sind oft einfach und kurz. Doch wie Abkürzungen im Wald kann es sein, dass man sich dabei schmutzig macht oder unwohl fühlt, wenn man nicht den „normalen“ Weg wählt.“
Jens Wienand
Hintergrund
„Hand in Hand für seelische Gesundheit am Arbeitsplatz“ lautete dieses Jahr das Motto zur Woche der seelischen Gesundheit. Seit 1992 macht diese rund um den Tag der seelischen Gesundheit am 10.10. durch bundesweite Aktionen auf dieses Thema aufmerksam. Im sächsischen Landkreis Görlitz koordinieren vor allem das Soziale Netzwerk Lausitz und die Psychiatriekoordination im Landkreis die Veranstaltungen, unterstützt vom Bündnis gegen Depression, der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention, der AOK Plus sowie regionalen Organisationen. Innerhalb von 33 Tagen wurden 34 Veranstaltungen durchgeführt. Im dritten Jahr in Folge bildete der Glückskongress ein Highlight sowie den Abschluss der Aktionswochen.
Der diesjährige Glückskongress fand am Freitag, den 25. Oktober 2024, von 14 bis 18 Uhr im Kulturwerk Rietschen statt. Der Veranstaltungsort war ausverkauft, die Tickets konnten im Vorfeld online über das Ticketportal Eventbrite für 14,50 € gebucht werden. Das Programm wurde begleitet von Informationsständen zu (Selbst-)Hilfeangeboten in Bezug auf Themen wie Demenz und Depression.
Programm
Drei Referenten beleuchteten verschiedene Aspekte des Themas auf ihre ganz eigene Weise. Mediator und Krisencoach Guido Michels moderierte die Veranstaltung und brachte Impulse zum Thema Werte ein. Als „Hausaufgabe“ erhielten die Gäste ein Blatt mit allen 412 Wörtern, die es im Deutschen für Werte gibt, um sich diese selbst bewusstzumachen. Denn jede Entscheidung treffen wir auf Basis unserer Werte. Doch sind diese nicht starr, sondern können im Laufe unserer Lebens sowohl verfolgt, verteidigt, verwirklicht, überprüft als auch weiterentwickelt werden.
Komiker, Improvisationsschauspieler und Atemcoach Jens Wienand ließ uns an seinem Notfallkoffer für Lebenskrisen teilhaben, unter anderem durch die “4 Versprechen” von Don Miguel Ruiz. Anschaulich verdeutlichte er die wichtige Rolle unseres Körpers bei unserem seelischen Wohlbefinden. Die Augen schließen und vorsichtig auf einem Bein stehen erfordert die volle Konzentration auf den Körper – Grübeln nicht möglich.
Anhand seiner eigenen Erfahrungen beschrieb er den Konflikt zwischen Dauerstress und Entspannung auf Knopfdruck. Es braucht erst Aktivität, bevor wir Ruhe finden können. Beim Lied „My Bonnie is over the ocean“ sollte das Publikum daher bei jedem B aufstehen oder sich hinsetzen, was für Energie und Freude sorgte. Jede noch so kleine Aktivität ist wichtig. Da der Effekt von Selbstfürsorge meist nicht sofort sichtbar ist, ist Geduld mit sich und der eigenen Entwicklung gefragt.
Wie wir mit und über uns selbst sprechen, hat auch einen großen Einfluss auf unsere körperliche Gesundheit. Denn unser Körper speichert die Erfahrungen ab, die wir machen und unterscheidet nicht zwischen Spaß und Ernst. Zum Abschluss seines Auftritts sangen daher noch alle gemeinsam ein Liebeslied an sich selbst (“Marmor, Stein und Eisen bricht”).
Kommunikationspsychologe Leon Kröger sprach in Vertretung für Dr. Stephanie Rohac über den „Glücksfaktor Organisationskultur“ und regte zum Austausch an. Ein Drittel unserer Lebenszeit verbringen wir auf der Arbeit. Doch die wenigsten Menschen (13 %) sind mit vollem Herzen und Engagement dabei. Er rief dazu auf, sich über die Frage Gedanken zu machen: Was treibt mich an? Um aktiv unsere Lebenswelt zu gestalten, rückte er die notwendige Verbundenheit in den Mittelpunkt. Dazu zählen
- die Verbundenheit zu mir selbst (Welche Stärken, Träume etc. habe ich?)
- die Verbundenheit mit anderen (für ein Team sind gemeinsame Ziele und – erneut – Werte entscheidend) und
- die Erfahrung von Sinn in der Tätigkeit.
Zu Beginn und zum Abschluss fragte er mit Betonung auf das erste Wort: Lebst du dein Leben?
„Ich schaue in viele glückliche Gesichter“, stellte Guido Michels fest, nachdem er zum Abschluss des offiziellen Teils der Veranstaltung den Schokoladenbrunnen ankündigte. Neben leckeren Desserts gab es am Buffet allerhand vielfältige Gerichte für nahezu jeden Geschmack und jede Ernährungsform.
Im Anschluss konnte der Film „Die einfachen Dinge – Les choses simples“ über die Frage nach dem Glück gemeinsam geschaut werden.
Persönliches Fazit
Dass in meiner Heimat im östlichsten Teil des Landes ein so großes Angebot an Aktionen zur Woche der seelischen Gesundheit besteht, beeindruckt mich jedes Jahr aufs Neue. Gerade in einer Region, die eher ländlich geprägt und mit vielfältigen gesellschaftlichen Herausforderungen konfrontiert ist (wie die des Alter(n)s, des Alkohol- und Drogenkonsums, der erhöhten Arbeitslosenquoten, des Strukturwandels und der politischen Extreme), ist es umso wichtiger, (seelische) Gesundheit und Gemeinschaft zu fördern.
Der Glückskongress ist dabei eine besonders herausstechende Veranstaltung, die nicht nur Fachkräfte miteinander vernetzt, sondern alle dazu einlädt, hinzuschauen, sich selbst und eigene Verhaltensmuster zu hinterfragen und miteinander ins Gespräch zu kommen über das, was wirklich wichtig ist. Insgesamt war der Kongress für mich ein sehr inspirierender Nachmittag.
Der nächste Glückskongress findet Ende September 2025 zu Beginn der Wochen der seelischen Gesundheit statt. Wenn ich es organisieren kann, werde ich wieder dabei sein. Ich wünschte, es würde mehr solcher Veranstaltungen in ganz Deutschland geben. Dass dieses Format überhaupt ins Leben gerufen wurde und erfolgreich fortgesetzt wird, dafür übermittle ich allen Beteiligten ein großes DANKESCHÖN!
Ich fühle, also bin ich.
Als Angehörige von Menschen mit psychischer Belastung möchte ich Mut machen, sich zu öffnen. Ich übe es selbst seit einiger Zeit. Meine Gefühle, Bedürfnisse und Wunden zu zeigen, schafft echte Verbundenheit.
Gern verbinde ich meine Leidenschaft fürs Schreiben mit meinem persönlichen und beruflichen Interesse an seelischer Gesundheit und Selbstfürsorge, um diese Themen mehr in den Fokus zu rücken. Mir ist es wichtig, dass sich die Menschen gesehen und verstanden fühlen.
Während ich durch das Schreiben Ruhe finde, gibt Musik mir Energie und Motivation. Beides hilft mir dabei loszulassen und den kleinen und großen Herausforderungen im Leben zu begegnen.