Ernst Lossa

Ernst Lossa. Ein Gedicht von Joe

In seinem Bette liegt er nieder

Bei Nacht so brav und schweigend

Sanft öffnet er die Augenlider

Sein Blick zu mir aufsteigend

„Was macht ihr da? Was wollt ihr hier?“,

fragt er ohne Bange

„Sei ruhig, wir wollen helfen dir“

Mir rötet meine Wange

Ich seh’ hinab auf sein Gesicht

Seh’ hier den Liebling mein

Schenke ihm die Zuversicht,

Die braucht sein Herz, so klein

Die Mutter starb ihm noch bevor

Er hätte sie gekannt

Den Vater hat man weggesperrt

Zu schützen unser Land

Ein Land das keine Gnade kennt

Das für den Einen tötet

Mütter, Väter, Kinder trennt

Und seine Flüsse rötet

Ins Heim kam er, der Junge klein

Ernst Lossa war sein Name

Mit seinen beiden Schwesterlein

Dass man sich ihm erbarme

Doch bald schon hieß es „Weg mit ihm!“

Er ist ja unerziehbar

In die Anstalt rüberzieh’n

Musst’ der kleine Lossa

Kaufbeuren war sein neues Heim

Doch längst nicht sein Zuhause

Und dennoch war er nie allein

Trotz all dem üblen Grause

Er hat geahnt, was hier geschieht

Ich kann es mir nur denken

Das Stehlen er hier nicht vermied

Um anderen zu schenken

Er stahl hier Essen für die armen

Todeskandidaten

Die hungern sollten, ohn’ Erbarmen

Und flehentlich drum baten

„Helfen woll’n wir dir nur, Ernst.

Siehst du hier, die Spritze?

Sie schütze dich, mein lieber Ernst

Vor Typhus, Feuerhitze!”

Ganz still und ruhig dann wurde er

Er ließ uns einfach machen

Denn Typhus fürchtete er sehr

Nie wieder würd’ er lachen

Am nächsten Morgen war er tot

Und ich ihn liegend fände

Den Mut zu helfen hatte er

Bis zum bitt’ren Ende

Ein Gedicht von J.K.G.

Ernst Lossa war ein vierzehnjähriger Junge, der in einer psychiatrischen Anstalt in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet wurde.

1 Kommentar zu „Ernst Lossa“

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