In seinem Bette liegt er nieder
Bei Nacht so brav und schweigend
Sanft öffnet er die Augenlider
Sein Blick zu mir aufsteigend
–
„Was macht ihr da? Was wollt ihr hier?“,
fragt er ohne Bange
„Sei ruhig, wir wollen helfen dir“
Mir rötet meine Wange
–
Ich seh’ hinab auf sein Gesicht
Seh’ hier den Liebling mein
Schenke ihm die Zuversicht,
Die braucht sein Herz, so klein
–
Die Mutter starb ihm noch bevor
Er hätte sie gekannt
Den Vater hat man weggesperrt
Zu schützen unser Land
–
Ein Land das keine Gnade kennt
Das für den Einen tötet
Mütter, Väter, Kinder trennt
Und seine Flüsse rötet
–
Ins Heim kam er, der Junge klein
Ernst Lossa war sein Name
Mit seinen beiden Schwesterlein
Dass man sich ihm erbarme
–
Doch bald schon hieß es „Weg mit ihm!“
Er ist ja unerziehbar
In die Anstalt rüberzieh’n
Musst’ der kleine Lossa
–
Kaufbeuren war sein neues Heim
Doch längst nicht sein Zuhause
Und dennoch war er nie allein
Trotz all dem üblen Grause
–
Er hat geahnt, was hier geschieht
Ich kann es mir nur denken
Das Stehlen er hier nicht vermied
Um anderen zu schenken
–
Er stahl hier Essen für die armen
Todeskandidaten
Die hungern sollten, ohn’ Erbarmen
Und flehentlich drum baten
–
„Helfen woll’n wir dir nur, Ernst.
Siehst du hier, die Spritze?
Sie schütze dich, mein lieber Ernst
Vor Typhus, Feuerhitze!”
–
Ganz still und ruhig dann wurde er
Er ließ uns einfach machen
Denn Typhus fürchtete er sehr
Nie wieder würd’ er lachen
–
Am nächsten Morgen war er tot
Und ich ihn liegend fände
Den Mut zu helfen hatte er
Bis zum bitt’ren Ende
–
Ein Gedicht von J.K.G.
Ich habe in der Vergangenheit Schwierigkeiten gehabt, das zu verstehen, aber jetzt ergibt es endlich Sinn. Danke dir.